Grenzen
Lebenslinien
Gerrit ist schon lange, war jetzt eigentlich wohlgefühlt fast schon immer hier. Dieser Grenzort hatte es ihm angetan, er hatte sich verzaubern lassen durch den sanften Schnitt, den das Land vom Wasser trennt. Nein, nicht trennt. Es gibt Schnitte, die Trennendes entfernen. Getrenntes näher zusammenführen.
Eine Katalyse zweier Gegensätze!
Durch den Schnitt wurde das Land mit dem Wasser vereint, vereinigt. Paradox, doch ist es so! Es ist eine Verbindungslinie, die überschneidet und Orientierung gibt.
Die Grenze zwischen Wasser und Land ist eine Linie, die den Menschen beglückt, eine Linie des Lebens. Der Raum, nah an dieser Linie ist besonderer Lebensraum, ein oft gefährlicher Lebensraum. Diese Grenze ist nicht von Menschen gemacht.
Grenze ist immer Eigenschaft mehrerer, nämlich der angrenzenden Körperschaften. Ist die Grenze von Menschen gemacht, ist sie vergänglich und klein.
Die Werft ist Gerrits Lebensraum und Lebenstraum. Auf der Werft fühlt er die gegenseitige Anziehung und Beeinflussung von Wasser und Land, des Flüssigen durch das Feste und umgekehrt. Dem Weichen wird Hartes entgegengesetzt. Das Wasser, das Leben gibt. Dem Ungeregelten wird Geregeltes entgegengesetzt. Das Schiff wird im Festen gebaut, läuft dann vom Stapel ins Flüssige, ins Leben.
Beim Menschen ist es allerdings umgekehrt. Die Werft löst die Grenze auf, löst das Feste im Flüssigen.
Wasser ist nicht immer in gleichem Zustand. Freies Wasser ändert sich ständig. Mal warm und mal kalt, flüssig und oftmals fest. Klar und trübe, grau, blau bis grün. Riecht morgens anders als abends. Mal still und leise, mal laut und rau. Wasser kann sehr still sein, aber auch sehr sehr laut!
Es spiegelt den Himmel, die Sonne und die weißen Wolken. Wasser verdoppelt die Schönheit der Welt.
Die Werft überbrückt die Grenze zwischen fest und flüssig, gibt dem Menschen hier die Macht und Gelegenheit, das Fliessende und das Flüssige als Lebensraum in Besitz zu nehmen, zu erobern.
